Von der Mutter in den Arm genommen werden oder mit der Familie Geburtstag feiern – die drei Mädchen Maryam, Rima und Noor kennen das seit drei Jahren nicht. Denn sie leben 2500 km entfernt von ihrer Mutter hinter Stacheldraht und einer Betonmauer.

DIES IST EINE PREVIEW ZUR FOLGENDEN REPORTAGE BEIM ND.

Eine Geschichte erzählen und damit etwas Positives bewirken. Das war mein Ziel. Deshalb stehe ich jetzt mit Mohammad und Nuray am Rande der griechischen Kleindstadt Chaldika vor einem Containerdorf. Man kennt so etwas von Großbaustellen, ab und an werden auch Studierende in solchen metallischen Behausungen untergebracht. Dann allerdings ohne meterhohe Betonstelen und Stacheldraht davor wie hier.

Wir stehen hier und fragen uns, ob wir durch eine der Lücken in der Mauer hineingehen oder auf unsere drei Interviewpartnerinnen warten sollen: Maryam (17), Rima (16) und Noor (12) kamen 2018 mit ihrer Mutter aus Syrien nach Europa, um gemeinsam ein neues, friedliches Leben zu führen. Nun haben sie sich seit drei Jahren nicht mehr in die Arme nehmen können, weil die Mutter sich in Deutschland befindet und ihre Töchter nicht nachholen darf. Wir haben die leise Hoffnung, wenn wir ihre Geschichte erzählen, schaffen wir für ihren Fall Aufmerksamkeit, die ihnen hilft.

Maryam, Rima und Noor in ihrem bescheidenen Wohncontainer.

Interview hinter Beton

Nach ein paar Minuten wird uns die Entscheidung an der Betonwand abgenommen. Maryam und Rima erscheinen am Eingang des Dorfes und Mohammad führt sie zu uns. Er ist selbst aus Syrien geflohen und unterstützt jetzt andere Menschen auf der Flucht. Nach ein paar Begrüßungsworten fangen wir an zu drehen. Aber nicht vorne an der Straße. Zu groß ist die Gefahr, dass die griechische Polizei oder die Containerdorf-Securitys uns entdecken. Bekanntlich reagieren staatliche Stellen beim Thema Dokumentation rund um die Außengrenzen eher empfindlich, wie meine letzte Festnahme leider zeigt.

Wir entfernen uns von der Straße und suchen uns einen kleinen Weg an der Betonwand. Ironischerweise schützt uns jetzt ein Bauwerk, das eigentlich neugierige Blicke in die Schrecken gewordende Migrationspolitik verhindern soll, vor den Sicherheitsleuten und ermöglicht uns so eine hintergründige Perspektive in ebendiese zu nehmen.

Die Kinder zurückgelassen

2018 kam die Familie in Europa an. Griechenland brachte sie in dem berüchtigen Camp Moria auf der Insel Lesbos unter. Mangelversorgung, Gewalt und Perspektivlosigkeit herrschten in diesem Lager. Die Mutter berichtete, sie musste mehrfach ihre Kinder vor Vergewaltigungen bewahren. Dann traf ihre Mutter gemeinsam mit den Mädchen eine folgenreiche Entscheidung getroffen: Sie solle vorgehen und die Kinder nachholen, damit diese nicht die Strapazen des Wegen aushalten müssen. Aufgrund komplizierter bürokratischer Hürden gelang dies aber nicht – seit drei Jahren sind Mutter und Töchter voneinander getrennt.

Täglich videotelefonieren die drei mit ihrer Mutter – mit vielen Tränen.

Seither leben die Mädchen bei ihrer Tante, aktuell in dem Containerdorf in der Nähe der griechischen Kleinstadt Chaldika. Zur Schule gehen können sie nicht, da es kein Angebot dafür gibt. Wohnen tun sie in einem 20 Quadratmeter großem Container zusammen mit ihrer Tante. Wenn sie am Abend mit ihrer Mutter reden, fließen regelmäßig Tränen. Es ist eine zerreissende Geschichte, die uns noch lange auf dem Weg von dem Containerdorf weg begleitet.

Die ganze Story gibt es bald als Reportage bei nd-aktuell.