Boris Palmer – Grüner Oberbürgermeister der Stadt Tübingen – hat in der Vergangenheit öfter Unmut seiner Partei auf sich gezogen. Im letzten Jahr hatte er mehrfach gesagt, Deutschland könne die momentane Migrationsbewegung nicht bewältigen. Anfang des Jahres hatte er sogar Schusswaffen an deutschen Außengrenzen gefordert. Er hatte sich auch schon einmal gegen das Adoptionsrecht für Homosexuelle ausgesprochen. Aus seinen eigenen Reihen hatte er jedes Mal deutliche Kritik geerntet. Es gab aber auch Zustimmung, gelegentlich von Personen, die politisch weiter rechts stehen. Noch nie kam sie aber soweit von rechts wie jetzt.

Palmer hatte auf facebook einen Bericht über seinen Besuch einer Geflüchtetenunterkunft verfasst. Er schreibt, die Stimmung sei „beängstigend bis aggressiv“, Frauen und Männer hätten sich „strikt getrennt zu je einer Gruppe zusammen gefunden“ und eine „dubiose Gruppe von Linksautonomen“ hätte die „Flüchtlinge aufgewiegelt“, kurz: die dunkelsten Albtraumfantasien eines jeden Asylgegners. Er berichtet zwar, die meisten „Flüchtlinge seien zufrieden“ und in dem Helferkreis bestünde „mehrheitlich Hoffnung“. Er schließt seinen Bericht aber mit deutlichen Worten: „Dass [die Situation] so ernst sein kann, bedrückt mich.“

Die mausausrutschende AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch teilte den Beitrag und fand lobende Worte dafür. „Ich empfehle die Lektüre.“, schrieb sie und „Wenn wir das geschrieben hätten, wäre es rassistische, islamophobe Hetze.“ Offenbar trifft der Bericht von Palmer den Nerv der Wutbürger. Unter seinem Beitrag tummeln sich Kommentare von „Die Flüchtlinge gleich mit dem Bus ab in den Flieger“ bis zu „Merkel muss weg“. Es werden hetzerische Bilder von verschleierten Personen gepostet und pauschal gegen „die da oben gehetzt“.

Palmer schafft es nicht sich von solchen Positionen adäquat zu distanzieren. Tatsächlich bietet er ihnen erneut die Plattform. Er schildert seine Eindrücke von einem einzigen Besuch und den wenigen Gesprächen, die er erlebt hat. Er differenziert nicht und macht nicht klar, dass es noch viel mehr und ganz andere Erfahrungen in den Unterkünften gibt. Es stellt sich die Frage, wie ein Berufspolitiker so unbedarft mit so einem sensiblem Thema umgehen kann. Und warum er unwidersprochen soviel Rückendeckung von der AfD hinnimmt und so wenig Solidarität mit Menschen auf der Flucht übt.