Seit mehreren Jahren berichte ich von Demonstrationen und politischen Ereignissen. Sowohl mit Fotos, als auch mit Texten. Ich habe Demonstrationen von Linksradikalen und Neonazis begleitet, war auf der Balkanroute und an der syrischen Grenze unterwegs, war bei Blockaden dabei und hab die Proteste in Tagebauten dokumentiert. Aber ich habe mich noch nie so unwohl im Nachgang meiner Arbeit gefühlt, wie jetzt nach den G20-Protesten. Und das liegt nicht vordergründig an den Aktionen militanter Gewalttäter im Schanzenviertel.
Es macht mir Angst, wie sich die Polizei während der Proteste verhalten hat. Sie hat den Rechtsstaat gebeugt und verdreht, wie es ihr passte. Sie hat eine 38 Quadratkilometer große Zone innerhalb einer deutschen Großstadt ausgerufen, in der sich nicht versammelt werden durfte, um gegen ein höchst problematisches Treffen zu demonstrieren. Sie hat Journalist*innen permanent eingeschüchtert und angegriffen – ich selbst habe am Freitag abend einen Schmerzschlag von einem sächsischen Polizisten auf das Ohr bekommen. Zum Glück hatte ich das einigermaßen geschützt. Andere Kollegen wurden mit Pfefferspray, Tritten und Schlagstöcken malträtiert. Polizeikräfte haben auch Demonstrationen und zivilen Ungehorsam mit äußerster Brutalität angegriffen. Wie im Wahn, als ob sie alles plattmachen müssten, was nicht nach bürgerlicher Gehdemo aussieht. Egal, ob es sich um gewaltfreie Blockaden oder um eine friedliche Tanzkundgebung handelte.
Ich bekomme Angst, wenn ich höre, wie die Parteienpolitik und die Zivilgesellschaft im Nachhinein über die Proteste sprechen. Die Gewalt und die Verfehlungen der Polizei werden gar nicht thematisiert. Stattdessen große Dankesbekundungen und Inschutznahme vor jeglicher Kritik. Die Polizei ist keine unfehlbare Kraft und in einem Rechtsstaat und in einer Demokratie sollte ihr Handeln kritisch begleitet werden. Nur in autoritären Regimen werden Sicherheitskräfte kritiklos gewürdigt und nicht hinterfragt.
Es bereitet mir Angst, wie über die Gewalt der Demonstrierenden diskutiert wird. Sie wird verurteilt, es wird sich darüber empört und das ist vollkommen richtig. Sie wird aber nicht eingeordnet und sie wird nicht hinterfragt. Stattdessen wird sie pauschalisiert und die gesamte linke Szene in Kollektivschuld genommen. Ein Reflexverhalten, wie bei vielen Minderheiten: ob Muslime, Geflüchtete oder Linksradikale – benehmen sich einige von ihnen daneben, wird die ganze Gruppe für schuldig befunden und bekämpft. Und die Gewalt wird komplett überhöht: es war ein auf das Schanzenviertel begrenztes Phänomen einiger hundert Personen, die überall aus Europa angereist waren. Es handelt es sich hier nicht um einen Bürgerkrieg und die Vorkommnisse haben zu keinem Zeitpunkt die freiheitliche Gesellschaft als Ganzes gefährdet. Ganz im Gegensatz zu der momentanen Debatte. Da wird pauschal die Schließung linker Zentren gefordert oder eine europäische Extremismus-Datei, in die jeder wandert, der politisch irgendwie auffällig ist. Das bekämpft keine Gewalttäter, sondern politische Vielfalt.
Ich habe Angst, dass die deutsche Gesellschaft sich ähnlich autoritär entwickelt, wie das in anderen Staaten der Fall ist. Ich habe das Gefühl, dass jede Perspektive, die sich zu weit von der Mehrheit entfernt, für die Gesellschaft ein Problem ist. Meinungen werden nicht qualitativ, sondern nach ihrer Massentauglichkeit beurteilt. Statt sich selbst eine Überzeugung zu bilden, reagieren die Menschen nach einem Echo von populistischen Medien und Politikern. Und die versuchen die aktuelle politische Situation als ‚optimal‘ und ‚richtig‘ darzustellen und wer diese grundlegend kritisiert, ist verdächtig. Wer sich alternativ äußert, einen Systemwechsel fordert, wird beleidigt, diffamiert und entblößt. Kritische Journalist*innen werden eingeschüchtert und behindert.
Und ich habe Angst, dass in dieser ganzen Entwicklung die Probleme unbesprochen bleiben, wegen der die Menschen überhaupt gegen G20 auf die Straße gegangen sind. Die Gesellschaft regt sich zu recht über brennende Barrikaden und geplünderte Supermärkte auf. Aber sie schweigt bei den Toten in Syrien, Irak und im Mittelmeer. Sie schweigt über 30.000 Hungertote jeden Tag. Und sie schweigt über die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich. Das alles hat mich immer schon beunruhigt. Aber seit ich bei G20 war, macht es mir Angst.
PS: Ja, mir haben auch die Krawallen im Schanzenviertel, bei denen ich mittendrin war, Angst gemacht. Aber tatsächlich nicht so große Angst, wie die momentane Entwicklung.
Edit: Ursprünglich hatte im letzten Absatz „30.000 Hungertote jedes Jahr“ gestanden. Tatsächlich sind es 30.000 jeden Tag. Der Fehler wurde korrigiert.
Andi
13. Juli 2017 — 13:23
Danke
adamb
13. Juli 2017 — 13:46
Sehr guter Artikel und danke für die Berichterstattung vom Gipfel. Ich finde es erschreckend wie in gefühlten 90% der Medien mittlerweile der linken Politik die Legitimation abgesprochen wird. Es findet keinerlei Differenzierung statt, kein Hinterfragen von Ursache & Wirkung. Es werden Falschmeldungen der Polizei übernommen (Molotowcocktail,bewaffneter Hinterhalt), es wird die teilweise brachiale Gewalt gegenüber Demonstranten größtenteils ignoriert. Das ist Berichterstattung wie in der Türkei.
Deprifrei-Twitter
14. Juli 2017 — 2:06
Ich habe auch Angst. Die polnische Regierung entmachtet gerade ihre unabhängigen Gerichte. Wir werden anderen autoritären Regierungen wie Russland immer ähnlicher. Europa steht an einem Scheideweg.
Val Photojournalist
16. Juli 2017 — 12:52
Du mit Russland Hetze kannst Du nicht mal aktiv Recherche setzen? Mehr demokratischer als es sind in EU Brüssel!
Rainer
18. Juli 2017 — 17:29
Dann weisst du ja jetzt wie sich Patrioten fühlen.
Mimi
14. Juli 2017 — 8:39
Mimimimi
Fiesta
15. Juli 2017 — 21:32
Bester Mann!
Bitte liebes Volk die meinen zwanghaft ALLES zu kritisieren was die Polizei macht! Ich gönn euch das Leben wo es keine Polizei gibt und ihr in der Anarchie bei euren Demos abgeschlachtet werdet weil es keine Regeln gibt
Mot
16. Juli 2017 — 22:27
„Ich bekomme Angst, wenn ich höre, wie die Parteienpolitik und die Zivilgesellschaft im Nachhinein über die Proteste sprechen.“ Ich fürchte genau so Leute wie du sind damit gemeint.
P.S.: Vermutlich meinst du Anomie, nicht Anarchie.
bonus_bonus
19. Juli 2017 — 22:47
@Fiesta
Anarchie ist die Abwesenheit von Herrschaft und nicht die Abwesenheit von Gesetzen. Was Du meinst ist Anomie. Anarchie ist die Abwesenheit von Hierarchie, wenn sich Leute abschlachten, haben wir eine Gewalthierarchie.
Zusammengefasst: Du hast keine Ahnung wovon Du da redest, nicht nur auf den Anarchiebegriff bezogen.
Konstantin Kühn
6. Januar 2020 — 17:33
Alles wird kritisiert? Wenn Polizei Beamte öffentlich Straftaten begehen und dabei noch gefilmt werden darf man das nicht kritisieren oder was? Die haben übrigens auch eine Vorbildfunktion deswegen darf man sehr wohl falsches verhalten kritisieren. Und ausserdem dachte ich immer vor dem Gesetzt wären ALLE gleich. Und eine Straftat bleibt eine Straftat egal ob der Verbrecher eine Uniform trägt oder nicht. Ich möchte mal gern hören was du dazu sagst wenn dir einer voll in die Fresse haut.
Lu.
14. Juli 2017 — 9:11
Danke, der Text ist wirklich gut! Ich war bloß am Samstag aber die Polizeipräsenz mitsamt ihrer Selbstdarstellung (Wasserwerfer, Waffen, Räumpanzer) hat mir ebenfalls ziemliche Angst gemacht.
Benno von Sandhayn
14. Juli 2017 — 9:56
Angst wovor? Ist es nicht immer eine persönliche Einstellung, die einen Angst erfahren oder auch aushalten lässt? Die Angst vor einem selbst scheint bei vielen durch. Die Angst, Dinge anzuerkennen, wie sie sind. Kein Teilnehmer des G20-Gipfels wird seine politische Aktivität in Frage stellen, weil draußen Steine und Gehwegplatten auf die Staatsmacht fliegen. Angst ist oft selbstgemacht. Ich für meinen Teil habe keine Angst. Betroffen bin ich erst, wenn ich mich hineinstürze ins Getümmel. Aus welchen Beweggründen auch immer. Terror? Nein, danke.
Ingo Bruns
15. Juli 2017 — 2:47
sehr qualifizierter kommentar
Absolutely Shocked
14. Juli 2017 — 11:11
Ich auch. Noch niemals habe ich so viel Polizeigewalt gesehen! Und es macht mir wahnsinnige Angst, dass so viele Menschen mit den Schultern zucken und davon ausgehen, dass das angemessen war. Nein, war es nicht. Es ist nicht angemessen Jugendgruppen erkennungsdienstlich zu behandeln und dazu zu zwingen sich auszuziehen. Es ist nicht angemessen friedliche Demonstranten von Dächern zu jagen. Es ist nicht angemessen Anwohner ins Fadenkreuz eines Maschinengewehrs zu nehmen. Nein. Es ist äußerst beängstigend.
Jose
14. Juli 2017 — 12:37
Verletzte Polizisten : schlimm !!Verletzte Demonstranten : selbst Schuld..hätter ja nicht hingehen müßen…so sieht’s in den meisten Medien aus..wo die Zahl der verletzten Polizisten täglich steigt ( ???) Aber hat schon jemand ein Bericht von verletzten Demonstranten in Krankenhäusern bei ZDF oder ARD gesehen ?
Karl
14. Juli 2017 — 14:31
Wer gewalttätig durch die Stadt marodiert hat sein demokratisches Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit verwirkt. So einfach ist das für mich.
Dieses Grede von Provokationen durch die Polizei ist auch lächerlich, wenn ich mir die Schanzen-Videos ansehe, höre ich einen hysterischen Schreihals, der der Polizei Anweisungen geben will und zugleich die Menge anheizt.
Viele „Demonstranten“ sind doch nur unter der Prämisse, mal so richtig die Sau rauslassen zu können angereist. Es gab auch friedliche Demos mit tausenden Teilnehmern, nach Eurer Logik hätte die Polizei die auch eskalieren lassen müssen.
Mathilde
14. Juli 2017 — 14:32
Es ist schön, solch ein Bericht zwischen all den unsagbar, wenig differenzierten Artikeln zu lesen.
Bastian
14. Juli 2017 — 17:21
Ich stimme zu, ich denke ebenfalls, die Themen um die es gehen sollte werden nicht adäquat behandelt. Und ich kann die Ängste verstehen. Aber ich halte den Artikel für schwierig und undifferenziert. Zu viel Verallgemeinerung, genau die Differenzierung, die ich mir aus der Presse, von Experten, den Journalisten wünsche und erbitte, finde ich hier nicht.
„Sie hat den Rechtsstaat gebeugt und verdreht, wie es ihr passte.“: Nein, hat „sie“, die Polizei nicht. Es mag berechtigte Kritik an Vorgehen einzelner Polizisten geben, aber bitte, lieber Journalist, dann auch mal die anderen, die gut gelungenen und guten Vorgehensweisen darstellen.
„Sie hat eine 38 Quadratkilometer große Zone innerhalb einer deutschen Großstadt ausgerufen, in der sich nicht versammelt werden durfte, um gegen ein höchst problematisches Treffen zu demonstrieren.“: Ja, kann ich verstehen. Wir machen so was viel: Körperscanner vor Konzerten, Taschenkontrollen etc. Da ist es ok. Sicherheitsbereiche, in die keiner darf. Auch ok. Und hier, bei zu erwartenden Gewalt- und Straftaten, im Wissen, dass es nicht anders gesichert werden kann, da soll man Schutzmaßnahmen unterlassen? Ich halte es für eine gute und geeignete Maßnahme, klar kommuniziert, klare Regeln aufgestellt, und es gab viel Spielraum für Demos. Ganz viel. Und egal wo die Demos stattfinden – Sie als Journalist haben die Chance, eine Demo an jedem Ort der Welt ins rechte Licht zu rücken, ihr Gehör zu verschaffen. Wo ist hierbei also ganz konkret das Problem? Ich sehe das nicht.
„Sie hat Journalist*innen permanent eingeschüchtert und angegriffen – ich selbst habe am Freitag abend einen Schmerzschlag von einem sächsischen Polizisten auf das Ohr bekommen.“: Also den Einzelfall nutzen, um eine generelle Handlung zu unterstellen? Hut ab. Sie verallgemeinern unkonkret, und das hat nichts mit Journalismus zu tun, es geht in den Bereich der Unterstellung. Ja, es wird diese Fälle gegeben haben. Manch einer unberechtigt, manch einer berechtigt. Ihren Fall kann ich nicht beurteilen. Aber ich weiß auch, wie unverschämt sich manch Journalist unter dem Vorwand der Pressefreiheit verhält, und Pressefreiheit heißt aber nicht Narrenfreiheit. Daher muss auch diese Situation kritisch von beiden Seiten beleuchtet werden, und zwar im Kontext. Es geht einfach nicht, ein Bild zu nehmen und zu beurteilen, ohne das Drumherum anzusehen. Es verschiebt die Wahrnehmung.
„Die Gewalt und die Verfehlungen der Polizei werden gar nicht thematisiert. Stattdessen große Dankesbekundungen und Inschutznahme vor jeglicher Kritik. Die Polizei ist keine unfehlbare Kraft und in einem Rechtsstaat und in einer Demokratie sollte ihr Handeln kritisch begleitet werden. “ Genau, und das passiert. Es sind bereits Polizisten befragt worden, mussten Handlungen rechtfertigen. Es wird thematisiert. Ihre Aussage ist sachlich falsch und klingt nach einer emotionalen Wutaussage.
Ich halte es für richtig, bestimmtes Verhalten auf beiden Seiten zu hinterfragen. Gewalt auf Seiten der Polizei sollte nicht stattfinden, da stimme ich generell zu. Wenn aber Situationen und Personen beschützt werden sollen, wie den Konflikt behandeln? Wenn in der Schanze die Anwohner und andere Menschen Angst haben, und die Polizei soll die Situation lösen, aber nicht gewalttätig werden – es lässt ich ja nun mal aber nicht friedlich lösen, was dann? Irgendwer hat immer Grund sich zu beschweren und Vorwürfe zu machen.
Ich habe übrigens auch mehr Angst als vor dem G20 in Hamburg. Angst, dass „die Journalisten“ Dinge mal eben schnell darstellen, ohne Rücksicht auf Verluste. Angst, dass ich in Krawalle gerate, ausgelöst von wem auch immer. Und Angst vor der Politik, vor Politikern, die Entscheidungen treffen, die solche Auswirkungen haben.
Angst vor Polizisten habe ich weiterhin nicht.
Nicht Nötig
14. Juli 2017 — 22:03
War das vor ca. 77 Jahren nicht sehr ähnlich?
Annegret
20. Juli 2017 — 21:59
Sehr sehr gut geschrieben. Danke
GW Heldt
15. Juli 2017 — 0:55
Moin Tim!
Ich kann sehr gut nachvollziehen was Du in deinem Text geschrieben hast. In einem meiner Tweets der letzten Tage habe ich in Verzweiflung geschrieben: „Ich habe das Gefühl, ich bin Zeuge eines Staatsstreichs und keiner bekommt es mit.“
Als 92 in Rostock-Lichtenhagen die Häuser brannten war ich schon in Hamburg auf der Straße. Als Zivi, hängte ich ein Banner aus meinem Wohnheimzimmer „Stoppt Rassimus“. Am Abend war das Banner weg. Man war in mein Wohnheimzimmer eingedrungen und hatte das Plakat abgenommen. Ich dürfte mich als Zivildienstleistender nicht politisch äußern – das war 1992!
In den Jahren danach viele Castor-Transporte im Wendland, in Ahaus, in Bergedorf. Demonstrationen gegen Rechts. Aber was am Wochenende in Hamburg passiert ist, hat mich so in meinen Grundfesten erschüttert wie kein anderes Ereignis zuvor. Dieses Gefühl ist bis jetzt nicht gewichen. ich habe Angst vor diesem Staat.
Das ich jemals Spezialkommandos mit Kriegswaffen in unserer Stadt sehen würde, wäre mir nicht im Traum eingefallen. Das Hamburgs 1. Bürgermeister Olaf Scholz heute davon spricht, es habe keine Polizeigewalt gegeben, lässt jeden, der da war in ein bodenloses Loch fallen. Deutschland hat in diesen Tagen mal wieder sein hässliche Fratze gezeigt.
Don
15. Juli 2017 — 9:25
Dann tu uns bitte uns bitte den Gefallen und bleib das nächste mal zuhause! Die Reporter und Journalisten haben ja noch schlimmer genervt als die linken Trottel!
Jo
20. Juli 2017 — 9:17
So einfältig kann man doch eigentlich garnicht sein, oder doch?
H.Horstmann
15. Juli 2017 — 10:00
An GW Heldt: wenn ich mich an meine Zivi-zeit zurückerinnere, so galt für Zivildienstleistende dasselbe eingeschränkte Grundrecht wie für Wehrdienstleistende der BW. So waren z.B. auch Befehle der Vorgesetzten erst einmal hinzunehmen und auszuführen wenn sie keine Gefahr für Leib und Leben darstellten – nach 24 Stunden (nachdem man drüber geschlafen hat) durfte man dann ggf. eine Beschwerde an die Dienstaufsichtsbehörde stellen. Politisches Engagement in jeder Richtung war uns auch damals für die Dienstzeit untersagt, Zivis hatten als Staatsbedienstete neutral zu sein.
Bezüglich des Artikels möchte ich an den Autos eines anwerfen: Auswüchse der „Krawalltouristen“ die Hamburg diese Tage beschwert hatten waren bis Neugraben im Süden und ins nördliche Hammerbrook zu spüren. Auch dort fanden sich ausgebrannte und demolierte KFZ und andere Sachschäden.
Das die „Ur-Linken“ damit herzlich wenig zu tun hatten ist den meisten Hamburgern klar, was aber bei vielen Wut erzeugt ist dass sie diese Krawallmacher in ihren eigenen Demonstrationsreihen nicht nur toleriert sondern sogar noch unterstützt haben.
Wenn man sich dann anhörte was während der großen „Welcome to Hell“-Demo von den Lautsprecherwagen in Richtung Polizei und Masse gebrüllt wurde, so war das eine deutliche Eskalationstaktik von Seiten derjenigen, die dort am Mikrofon standen, der Aufruf ging in die Richtung dass die Polizei Gewalt zu tolerieren habe und gefälligst nicht gegen die Demonstranten losgehen sollte.
Es war aber so, dass die Demonstranten (bzw. ein chaotischer Teil von ihnen) zuerst rechtsbrüchig wurden, und das in größerer Masse. Zwar „nur“ durch das Anlegen von Vermummungen, aber dies ist nunmal gesetzlich untersagt. Dass hier eine halbe Stunde abgewartet wurde (und offenbar ja auch mit dem Veranstaltungsleiter diskutiert wurde) bis eingeschritten wurde fand ich recht gemäßigt, die Taktik zum Abschneiden des vorderen „schwarzen Blocks“ war dann allerdings ein Fehlgriff.
Was dann später geschah war ein reines Reagieren auf den Seiten der Sicherheitskräfte. Sie liefen den Geschehnissen quasi ständig hinterher, konnten ja auch nicht überall gleichzeitig sein. Dass dann oftmals nach stundenlangen Aufrufen immernoch Schaulustige und „Reporter“ ( = für den Zuschauer jeder mit einem Handy in der einen und einem Zettel mit „Presse“ drauf in der anderen Hand) in Massen zwischen den Demonstranten, bzw. zwischen Demonstranten und Polizei standen machte die Arbeit nicht einfacher.
Wenn mir aber jemand unmissverständlich mehrfach sagt dass ich mich irgendwo verpissen soll wenn ich nicht Gefahr laufen will von kommenden Maßnahmen etwas abzubekommen, und ich das dann nicht tu, dann hab ich selbst eine Mitschuld an jedem Leid, welches mir daraufhin zugefügt wird.
Ich selbst habe übrigens viele Demos und Inszenierungen, die ich am Rande gesehen hab, als friedlich und unproblematisch – auch von Seiten der Polizei her – erlebt. Sowohl die 1000 Gestalten, lieber Tanz ich als G20ich, als auch die Samstags-Großdemos verliefen nach meinem Wissen und dem meiner Arbeitskollegen, die teilweise anwesend waren, friedlich und entspannt.
Leider wird darüber kaum berichtet. Bringt ja auch keine Klicks.
Alex Utopia
15. Juli 2017 — 16:44
‚Angst‘ ist das Mittel mit dem uns Rechte und Linke gleichermaßen gefügig machen wollen. Die Bürgerliche Mitte wird von beiden Gruppen nur noch als lästiges Hindernis wahrgenommen, als naive Masse die aufgeklärt und der Angst gemacht werden müsste. Wir sollen Angst haben vor Ausländern, Kapitalismus, Europa, Polizei, und Einwanderern. Es reicht langsam! In diesem Text befinden sich keine Argumente, nur Emotionen. Mir macht es Angst das erwachsene Menschen wie im Kindergarten argumentieren. Die hier kritisierte Pauschalisierung wird, wird dann natürlich aber gerne auf Polizisten und Staat angewendet. Hilflos gefangen im Schwarz/Weiss denken und pathologoischer Dualität. Ich gehöre zur Bürgerlichen Mitte und sage beiden Seiten das wir auf diesen Affenzirkus und permanenntes Kopfgeficke keine Lust mehr haben. Kräfte auf allen Seiten des politischen Spektrums sollten mal wieder zur sachlichen Ebene zurückfinden und uns mit ihrem Kinderaufstand in Ruhe lassen.
Schattenkriegerin
15. Juli 2017 — 17:19
Danke für diesen Text. Ja, ich habe seitdem auch, wenn auch eher unterschwellig – Angst und leide neuerdings an Schlafstörungen, ebenso, das mir jede Sirene und jeder Hubschrauber, jeder Polizeiwagen und jeder Uniformierte Herzrasen verursacht (könnte allerdings auch an meiner nach außen hin kontrollierten Wut liegen). Ich erhalte mir meine Gesundheit, indem ich mir und anderen sage: Angst kommt aus dem Lateinischen (angus) und bedeutet ENGE. Aber ich will mich hier nicht einengen lassen, ich lasse mir meinen Blick weder verstellen noch lasse ich mich hindern, meinen Weg zu gehen, wenn ich das so will. Gewaltfrei, aber nicht ohne mich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu wehren, wenn es nötig ist. Hauptsächlich machen mich aber die Stellungnahmen der Politiker und z.T. völlig unqualifizierte Äußerungen der „breiten Masse“ (die nichts davon mit eigenen Augen gesehen hat) sprachlos. Sie wagen es, an meiner Wahrnehmung zu zweifeln. Bei weniger stabilen Seelchen als meiner erzeugt man damit Ver-rückt-sein. Und in einem Zustand von Angst und dem Glauben, meine Wahrnehmung sei falsch, weil 1000 andere das behaupten, werde ich manipulierbar. Also somit zum perfekten Bürger wie so eindrücklich in den Büchern „1984“, „Schöne neue Welt“ oder „Der Report der Magd“ dargestellt. Will ich das? Wollt Ihr das? Hatten wir das als Nation hier nicht schon mal, sehen wir es nicht jeden Tag in anderen Ländern – und zeigen mit dem Finger darauf? Wer jetzt noch schläft, braucht sich nicht zu wundern, wenn er in Orwell´schen Verhältnissen wieder aufwacht!
Peter
15. Juli 2017 — 17:45
Angst habe ich keine, bin ja in der DDR aufgewachsen. Ein sogenannter Unrechsstaat. Entsetzt und verzweifelt bin ich über die bürgerliche Mitte und die Leitmedien. Das ganze erinnert mich an eine Zeit die man dachte überwunden zu haben. Aber es beweist sich das der Mensch nicht aus der Geschichte lernen kann oder will. Kapitalismus funktioniert nur so. Er ist vergleichbar mit Krebs. Nur dagegen gibt es schon Heilungserfolge.
Jim
15. Juli 2017 — 18:58
Nicht von der Angst leiten lassen, sondern erst mal in sich gehen, sich etwas beruhigen und die Lage überdenken.
dot tilde dot
17. Juli 2017 — 9:41
https://m.youtube.com/watch?v=9wGvIQdf7xs
und
https://m.youtube.com/watch?v=3KeqmHfI4jc
.~.
Gloria Frey
20. Juli 2017 — 8:04
1962 habe ich HH verlassen, bin ein paar Mal zurueckgekehrt, Damals war die Hamburger Welt noch in Ortnung! Dann kamen die Container, die Containerschiffe und Hunderte von Hafenarbeitern wurden nicht mehr gebraucht. das war das Ende des HAMBURGER HAFENS! Man steckte Millionen in die alten Lagerhaeuser, machte Luxuswohnungen daraus, doch es zog kaum jemand ein. Die 1960 fanden keine Arbeit mehr, sie waren ueberfluessig, sie taten sich zusammen und da schon ging die Hetze los! WISSEN SI, WAS DAS BEDEUTET, NOCH NIE GELD FUER ARBEIT BEKOMMEN ZU HABEN?? WISSEB SIE DAS? Die Meisten besuchten nur die Grundschule, diese wurden dann Handwerker- HANDWERK HAT GOLDENEN BODEN hiess es einmal. Was war geschehen. NO FUTURE. Wenn man aelter als 40Jahre war ebenfalls no future. Und dann kam auch noch ein Schwuler OLE und durfte KEHRWIEDER abreissen.Und Alle schauten zu. Jetzt steht da son Ding rum und wird bald zerfallen sein. Die Lagerhaeuser zu ETW umbauen ging auch schon. Wer moechte dort wohnen, wo nur eine einzige Bruecke (KORNHAUSBRUECKE) in die Stadt fuehrt. OLE OLE und wechwaer!! Auch hier in Asien habe ich mir die Videos angesehen. Der ersten Wasserwerfe waren harmlos, man wurde nass, in STR wurde ein aelterer Mann einfach blindgeschossen. Was juckt es mich, ich bin weit weg und 79 Jahre alt.Hier gabs auch mal eine Demo. MANN GEGEN MANN !!
Gaylord
5. April 2020 — 14:16
Es geht doch nur um Krawall, das ganze hat doch nichts mit einer politischen Einstellung zu tun. Es ist der Pöbel und er will Spaß haben. nun hat der Pöbel leider eine seltsame Auffassung davon, was Spaß ist. Autos anzuzünden und zu plündern, gehört für mich nicht dazu.